aus: Neue Zürcher Zeitung, NZZ 26.09.01
Schweizer Ausstellungen
Himmels-Projektionen
afk. Der Himmel in der gegenwärtigen Kunst ist keine goldene
Sphäre des Absoluten mehr. Die Engel sind ausgezogen, und auch
als Ort des Sublimen und Erhabenen ist er schwer auffindbar. Trotzdem
inspiriert das Himmels-Thema auch heutige Künstler. Im Kunsthaus
Grenchen sind derzeit 13 künstlerische Positionen in der Ausstellung
"Up in the sky" zu sehen. Manche regt der Himmel noch immer
zum Staunen an. In ihrer Serie von Heliogravuren lädt Cécile
Wick zum Gang durch Wolkenlandschaften ein, die in ihren subtilen
Veränderungen den Fluss der Zeit spürbar machen. Der im
Jahr 2000 verstorbene Andreas Züst befragte den Himmel als meteorologisches
Phänomen. Gleichzeitig erlebte er das nächtliche Firmament
als Emanation des Lichts. Die Zeichnerin Nanne Meyer erklärt
die vom Flugzeug aus betrachteten wattigen Wolkenballungen als künstlerische
Mitschöpfer. Auf ihren Blättern verändern und verformen
sie eine Landschaft und lassen daneben kartographische Vermessungsversuche
des Menschen als müssig erscheinen. Weniger unmittelbar ist die
Erfahrensebene Olaf Breunings. Seine Photographie «lndependence
Day» eröffnet den Blick ins Atelier, in das eine Matratze
wie eine gewaltige Gewitterwolke eingedrungen ist und eine Menschengruppe
bedroht. Science-Fiction-Phantasien und Realität sind hier über
die neuen Medien manipulierbar geworden. Zum Teil finden sich in dieser
intelligent inszenierten Ausstellung Werkgruppen zu wahrhaft himmlischen
Konstellationen zusammen. NobuYoshi Arakis melancholische Aufnahmen
des Tokioter Himmels erhalten ein heiteres Gegenüber in Mireille
Gros' Bildern, die zeichnerische Spuren und Malerei, einen mikroskopisch
analytischen und einen unbegrenzten Weitblick zusammenführen.
Die zart intonierte Melodie aus Pipilotti Rists Videotape "I'm
a victim of this song" begleitet verführerisch durch die
Räume des Erdgeschosses. Fast brutal hingegen durchschneidet
die Stimme der Performerin Käthe Kruse die oberen Räume
und macht es den anderen Werken, insbesondere der vielschichtigen,
auf stille Konzentration angelegten Arbeit von Susanne Weirich, nicht
eben leicht zu beweisen, dass man auch durch einen verhaltenen Einsatz
der Mittel Worte und Bilder zum Klingen bringen kann.
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