aus: Neues Deutschland, 28.05.2002
Auf der Straße gefunden
Die Galerie Laura Mars in Kreuzberg zeigt Arbeiten der Konzept Künstlerin
Susanne Weirich
von Richard Rabensaat
Zuerst sind es Kleckse an der Wand die der Besucher in der Galerie
Laura Mars sieht. Aber dann werden daraus tote Tiere. Sie sind beschriftet:
Opossum, sich tot stellend. Schlaffes Stinktier. Schlage, eine heiße
Straße entlang kriechend. Nur die Schilouetten der Tiere zeigt
Susanne Weirich an der mit einer Holztapete verkleideten Fläche.
Während eines Arbeitsaufenthaltes in den USA mietete die Künstlerin
in Passadena eine Garage als Atelier an. Dort entdeckte sie an der
Wand merkwürdige Schatten und die vage erkennbaren Reste von
Schriftzeichen. Um zu erfahren, was sich darunter befand, spielte
sie Detektiv und rieb die Wandflächen mit Graphitpuder ein. Nun
kamen die Umrisse von Tieren zum Vorschein, die irgendwie gequetscht
aussahen. Als sie in der Nachbarschaft nachforschte, erfuhr sie, dass
die Garage zuvor einem Trucker gehörte. Der hatte anscheinend
den auf seinen Fahrten gefundenen "Roadkill" an die Wand
genagelt und mit knappen Sätzen kommentiert.
In dem gegenüber liegenden Raum der Galerie hat die Künstlerin
eine Wandfläche silberfarben angestrichen. Darunter verbirgt
sich der titelgebende 'Garten' der Ausstellung "Better Homes
& Gardens". Die Besucher sind aufgefordert, das Silber abzureiben
und den Garten freizulegen. Gegenwärtig allerdings zieren etliche
Schriftzüge und Kürzel die Fläche. Ob die versteckte
Zeichnung tatsächlich am Schluss auftauchen wird, weiß
auch Susanne Weirich noch nicht. Ohnehin entsteht aber ein interessantes
Muster aus Reminiszenzen der Besucher, aus dem gelegentlich kryptisch
die Zeichen der Künstlerin hervor blecken.
Es ist dieses verwobene Miteinander von strengem Arrangement und poetischer
Fantasie, das die Arbeiten der in Berlin lebenden Konzept Artistin
kennzeichnet.
"Reine Konzeptkunst ist mir zu langweilig", erklärt
sie den Impuls für das narrative Moment in ihren Präsentationen.
Tatsächlich wird in ihren Installationen und Objekten immer die
Verbindung von strengem Konzept und frei eingebundenem, lyrischen
Moment erkennbar.
Für die Installation: "Ich habe die Apokalypse verpasst",
bat sie zehn Menschen aus verschiedenen Berufsgruppen, jeweils ihre
Assoziationen zu den zehn Buchstaben des Wortes 'Apokalypse' zu schildern.
"Die hundert Geschichten die dabei zustande kamen, sagten mehr
über die Leute aus, als wenn sie mir ihr Leben erzählt hätten",
erkannte Weirich.
Aus den Aufnahmen entstand eine Videoinstallation, bei der dann aber
wiederum nicht die interviewten Personen, sondern nur das Gesicht
Weirichs zu sehen ist. Das Vexierspiel verwirrt den Betrachter. Er
erkennt, dass auch sein unmittelbares Gegenüber stets nur eine
Projektion der Idee ist, die er sich von seinem Gesprächspartner
macht. |
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