aus: Kunstforum International, Bd. 131 August/Oktober 1995
Positionen zur Malerei in Berlin
Galerie Wohnmaschine, Berlin, Januar-Dezember 1995
von Hermann Pfütze
Im Vorwort zum Katalog wird das Programm angekündigt:
"Jede Woche zeigt die Galerie nur ein Bild. Es stehen den
Künstlern jeweils vier aufeinanderfolgende Wochen zur
Verfügung, um nacheinander vier Bilder zu präsentieren.
Somit sind 48 Arbeiten in 48 Wochen zu sehen. Die
Ausstellung vervollständigt sich erst über diesen Zeitraum,
so
daß die Bilder nur im Kopf zu einer Gesamtheit verbunden
werden können." Allerdings schickt die Galerie denen.
die den
bilderlosen Katalog erworben haben, jeden Monat vier
postkartengroße Abbildungen zum Einkleben auf der
vordatierten Seite, so daß, wie früher bei den Sammelalben,
doch ein Bilderbuch entsteht.
Die Besucher freilich, meist einzelne, kommen in einen Raum mit
einem Bild, laufen sofort zur Treppe, die in den Keller führt.
und suchen die Galerieräume. "Wo ist die Ausstellung",
fragen sie irritiert - und wären enttäuscht, wenn unten
im Keller nicht noch etwas wäre. Aber auch dort ist zunächst
nicht viel: vor einer eher symbolischen Trennkordel ein Stuhl, dahinter
an der Wand ein leerer Goldrahmen und ein Walkman mit Kopfhörern.
Das ist Teil einer akustischen Installation von Susanne Weirich:
"Die Sammlung des Parrhasios", die das Jahresprogramm
begleitet.
Wer eine halbe Stunde Zeit hat, kann sich die Kopfhörer aufsetzen
und ist mit den Ohren in einer imaginären Gemäldesammlung.
Der Schauspieler Klaus Piontek spricht einen Text Susanne Weirichs,
den sie aus kunsthistorischen Interpretationen und Beschreibungen
von dreißig Gemälden
montiert hat. Die meisten gelten holländischen Genrebildern
des 17. Jahrhunderts. einige aber auch berühmten Werken Rembrandts,
Vermeers, Raffaels, Tizians, Velásquez' und Zurbaráns.
Kurzweilig und kenntnisreich, wie es seit einigen Jahren in guten
Museen zum Standard gehört, bekommt man
wirklich Bilder erzählt, während die Augen den leeren
Rahmen durchwandern und das Gehörte imaginieren können.
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